sie sagt, sie müsse weinen, wenn sie an ihre mutter denke. deshalb will sie eigentlich nicht darüber sprechen, wie es ihr geht, wie es der mutter geht, in dnipro, dreihundert kilometer luftlinie von mariupol und zweihundert kilometer luftlinie von kharkiv. die mutter macht sich sorgen um sie, weil sie in einem fremden land ist und kein deutsch spricht. sie hat heimweh. sie ist – oder war? – in kyiv orchestermusikerin. die mutter will dort bleiben. vielleicht auch nicht. der vater müsse bleiben. die mutter liebt den vater, auch ihren garten, einen hund, drei katzen, eine arbeit. sie weiß nicht, was sie tun soll.
wir sitzen bei mir, im warmem – noch mit russischem gas. nicht alle russen sind schlecht, sagt sie. sie hat freunde in russland. sie beklagen sich über putin und die inflation und können nicht ausreisen. many people die, sagt sie, that’s the problem, not the inflation. das sagt sie erst nach sechs tagen. sechs tage proben und dann am karfreitag die matthäuspassion. sie ist erst eine woche in deutschland, davor zwei wochen in polen. sie denkt über auf- und abstriche nach. wir erzählen uns bratschenwitze und osterbräuche. heute ist ostern. jesus raised. ab morgen hat sie proben in berlin. für ein anderes engagement.
many people die. jesus raised.